Neurodivergenz bei Erwachsenen

Person mit geschlossenen Augen unter Wasser mit Gänseblümchen – Symbolbild für Reizverarbeitung, innere Welt und neurodivergente Wahrnehmung bei Erwachsenen

WENN DEIN GEHIRN ANDERS TICKT – UND WARUM DAS VÖLLIG IN ORDNUNG IST

 

Montag, 9:07 Uhr. Das Projektmeeting läuft seit sechs Minuten, doch für dich fühlt es sich schon wie eine Stunde an. Die Neonröhren brummen, jemand klickt nervös mit dem Kugelschreiber, neue Aufgaben werden im Minutentakt verteilt. Dein Kopf arbeitet auf Hochtouren – und gleichzeitig rastet er aus. Du fragst dich: „Warum kann ich das nicht einfach wegfiltern wie alle anderen?“

 

Willkommen im Alltag vieler neurodivergenter Menschen. Sie nehmen Reize intensiver wahr, denken in schnellen Assoziationsketten, jonglieren Dauer-Multitasking und Selbstzweifel – häufig, ohne zu ahnen, dass ihr Gehirn schlicht anders statt „falsch“ funktioniert.

 

Was bedeutet „neurodivergent“? Neurodivergenz ist kein Diagnoselabel, sondern ein Sammelbegriff für natürliche Unterschiede in der Funktionsweise von Gehirnen. Dazu gehören beispielsweise ADHS, Autismus-Spektrum, Dyslexie, Hoch- bzw. Vielbegabung, Tourette oder Synästhesie. Neurodivergent zu sein heißt nicht, defizitär zu sein; es bedeutet lediglich, Informationen anders zu filtern, Muster anders zu erkennen und Gefühle anders zu regulieren. Dass manche Menschen blitzschnell kreative Lösungen finden, während sie an scheinbar einfachen Alltagsroutinen scheitern, lässt sich häufig genau dadurch erklären.

 

Warum bleibt Neurodivergenz bei Erwachsenen oft unerkannt? Viele Betroffene investieren jahrelang Energie in Masking, also darin, sich den vermeintlichen gesellschaftlichen Normen anzupassen. Wer Beruf, Familie und vielleicht sogar sportliche Erfolge vorweisen kann, gerät schnell in einen Rollenkonflikt: „Mit ADHS läuft doch nichts so rund, oder?“ Besonders Frauen erleben zusätzlich einen Gender-Bias, weil ihre Symptome anders aussehen und deshalb übersehen werden. Hinzu kommen Stigma und Mythen: Neurodivergenz wird als Modeerscheinung abgetan oder mit gewöhnlichem Stress verwechselt.

 

Die verborgenen Stärken: Hinter Neurodivergenz verbergen sich beeindruckende Ressourcen. Hyperfokus ermöglicht stundenlange, tiefe Konzentration auf Herzensprojekte. Ein Gehirn, das blitzschnell Querverbindungen zieht, liefert out-of-the-box-Ideen, die sonst niemand sieht. Ein scharfes Detail- oder Musterauge glänzt in Bereichen wie IT, Design, Forschung oder Musik, während ein ausgeprägter Ehrlichkeits- und Gerechtigkeitssinn Teams stärkt, in denen Integrität gefragt ist. Diese Potenziale werden jedoch erst sichtbar, wenn das Umfeld bereit ist, anders hinzusehen.

 

Typische Stolpersteine im Erwachsenenleben: Die Kehrseite zeigt sich dort, wo Anpassung zum Dauerzustand wird. Wer permanent maskiert, verbraucht enorme Energie und bewegt sich in Richtung Erschöpfung. Reiz- und Informationsfluten in Großraumbüros, endloser Smalltalk oder Multitasking können das Nervensystem regelrecht überhitzen. Kommen negative Selbstbewertungen wie „Ich bin zu viel, zu wenig, nicht normal genug“ hinzu, wird der Weg zur Selbstwirksamkeit zusätzlich verbaut. Und wenn Familie oder Kollegium die innere Logik neurodivergenter Menschen nicht verstehen, entstehen systemische Blind Spots, die Reibung statt Resonanz erzeugen.

 

Neurodivergenz & Burnout – eine riskante Liaison: Dauerhafte Kompensation kostet Kraft – so viel, dass viele erwachsene ND-Menschen in Erschöpfungszustände rutschen, lange bevor ihre eigentliche Neurodivergenz erkannt wird. Die Frühwarnzeichen ähneln dem klassischen Burnout: chronische Müdigkeit, Rückzug, Zynismus, emotionale Taubheit. Wer an den Symptomen schraubt, ohne die neurodivergente Ursache mitzudenken, dreht sich im Kreis.

 

Was Coaching für dich tun kann: In meinem hypnosystemischen Coaching rücken wir weniger das „Problem“ als vielmehr dein gesamtes System in den Blick. Gemeinsam untersuchen wir, welche äußeren Anforderungen dein Nervensystem überlasten und welche inneren Muster dich zusätzlich antreiben. Gleichzeitig arbeiten wir an äußeren Stellschrauben - im Coaching lernst du, Masking Schritt für Schritt zu reduzieren, deinen Hyperfokus gezielt einzusetzen und Belastungsgrenzen rechtzeitig zu signalisieren, ohne dich erklären oder entschuldigen zu müssen.

 

Kurz gesagt: Im Coaching entwickeln wir Strategien, die dein außergewöhnliches Gehirn entlasten und stärken, statt es zu verbiegen. Damit du sofort etwas in der Hand hast, findest du hier eine kleine Erste-Hilfe-Box mit Schritten, die sich in meiner Praxis bewährt haben:

 

1. Selbstbeobachtung – Welche Situationen laden deine Batterien, welche saugen sie leer?

2. Reizmanagement – Noise-Cancelling-Kopfhörer, klare To-do-Boards, Pausen-Timer.

3. Body-Check-in – Drei tiefe Atemzüge, Schultern lockern, Boden spüren: „Wo bin ich gerade?“

4. Bedürfnis-Check-in – Frage dich: Brauche ich Klarheit, Rückzug oder Stimulation?

5. Verbündete suchen – Kolleg:in, Partner:in, Coach, ND-Peer-Gruppe.

6. Fachärztliches Screening – Bei Verdacht auf ADHS / Autismus eine qualifizierte Abklärung suchen.

 

Wenn du spürst, dass dir diese Impulse guttun, du aber Begleitung bei der Umsetzung wünschst, lass uns ins Gespräch kommen. In einem kostenfreien 30-minütigen Vorgespräch finden wir heraus, ob mein Angebot der passende Rahmen für dich ist – online oder in Potsdam. Gemeinsam entdecken wir, wie dein persönliches Betriebssystem am besten läuft.

 

Du bist nicht zu viel oder falsch. Du bist anders verdrahtet. Lass uns herausfinden, wie dein eigenes System am besten funktioniert!

 

Hinweis: Coaching ersetzt keine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung. Bei schweren psychischen Belastungen wende dich bitte an ärztliche oder psychotherapeutische Fachstellen.